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Vom Essen und Trinken

Dann sagte ein alter Mann, ein Gastwirt: Sprich uns vom Essen und Trinken. Und er sagte:
Könntet ihr leben vom Duft der Erde und wie eine Luftpflanze vom Licht erhalten werden!
Aber da ihr töten müßt, um zu essen, und dem Neugeborenen die Muttermilch rauben müsst, um euren Durst zu stillen, laßt es eine andächtige Handlung sein.
Und euren Tisch laßt einen Altar sein, auf dem das Reine und Unschuldige des Waldes und des Feldes geopfert wird für das, was im Menschen noch reiner und unschuldiger ist. Wenn ihr ein Tier tötet, sagt in eurem Herzen zu ihm:
" Durch die gleiche Macht, die dich tötet, werde auch ich getötet, und auch ich werde verzehrt werden. Denn das Gesetz, das dich meiner Hand auslieferte, wird mich einer mächtigeren Hand ausliefern. Dein Blut und mein Blut ist nichts als der Saft, der den Baum des Himmels nährt."
Und wenn ihr mit den Zähnen einen Apfel zermalmt, sagt in eurem Herzen zu ihm:
"Deine Samen werden in meinem Körper leben, Und die Knospen deines Morgens werden in meinem Herzen blühen, Und dein Duft wird mein Atem sein, Und zusammen werden wir uns aller Jahreszeiten erfreuen."
Und im Herbst, wenn ihr die Trauben eurer Weinberge für die Kelter lest, sagt in eurem Herzen:
"Auch ich bin ein Weinberg, und meine Frucht wird für die Kelter gelesen werden, Und wie neuer Wein werde ich in ewigen Gefäßen bewahrt werden." Und im Winter, wenn ihr den Wein zapft, laßt für jeden Becher ein Lied in eurem Herzen sein; Und dem Lied laßt eine Erinnerung an die Herbsttage und den Weinberg und die Kelter sein.

aus: Khalil Gibran, Der Prophet, Düsseldorf; Zürich: Walter, 2001

07.02.2009 Khalil Gibran

Der Ausflug ins Gebirge

"Ich weiß nicht", rief ich ohne Klang, "ich weiß ja nicht. Wenn niemand kommt, dann kommt eben niemand. Ich habe niemandem etwas Böses getan, niemand hat mir etwas Böses getan , niemand aber will mir helfen. Lauter niemand. Aber so ist es doch nicht. Nur daß mir niemand hilft -, sonst wäre lauter niemand hübsch. Ich würde ganz gern - warum denn nicht - einen Ausflug mit einer Gesellschaft von lauter Niemand machen. Natürlich ins Gebirge, wohin denn sonst? Wie sich diese Niemand aneinander drängen, diese vielen quer gestreckten und eingehängten Arme, diese vielen Füße, durch winzige Schritte getrennt! Versteht sich, daß alle in Frack sind. Wir gehen so lala, der Wind fährt durch die Lücken, die wir und unsere Gliedmaßen offen lassen. Die Hälse werden im Gebirge frei! Es ist ein Wunder, daß wir nicht singen."

aus: Franz Kafka, Betrachtung, Prag: Vitalis, 1998


07.02.2009 Franz Kafka

Das Gleichnis des Zhu Qinglei

Zhu Qinglei erzählte:
"Ein Mann, der sich vor dem Feind tief in den Bergen versteckte, bemerkte - der Mond schien gerade hell, und es blies ein frischer Wind - unter einer Pappel ein Gespenst. Da duckte sich der Mann und wagte nicht aufzustehen. Als das Gespenst ihn erblickte, fragte es:
'Warum kommen Sie nicht hervor?'
'Weil ich Sie fürchte, mein Herr', gab er zitternd zur Antwort.
'Am meisten zu fürchten haben Sie doch niemand anderen als den Menschen', wand das Gespenst ein. 'Warum fürchten Sie die Gespenster? Haben denn die Menschen oder die Gespenster Sie in diese schlimme Lage gebracht?' Dann lachte es noch auf und verschwand."
Ich meine, in dieser Erzählung von Zhu Qinglei steckt ein Gleichnis.

aus: Ji Yun, Pinselnotizen aus der Strohhütte der Betrachtung des Großen im Kleinen,
Kurzgeschichten und Anekdoten, Leipzig und Weimar: Kiepenheuer, 1983


07.02.2009 Ji Yun

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